Niedergang von ROKAL und die kurze Blüte von Röwa
ROKAL stellte Mitte der 1960er Jahre zwar einige sehr schöne Modelle her, aber die Zeit arbeitete bereits gegen ROKAL.
Problematisch von Anfang an war der zu geringe Marktanteil.
Aber damit nicht genug: zum einen kamen in den 1960er-Jahren Autorennbahnen auf,
zum anderen erblickte in jener Zeit die Spurweite N das Licht der Modellbahnwelt. Als dann die Spurweite N, nicht zuletzt aufgrund der im Vergleich zu ROKAL deutlich besseren Vorbildtreue, immer mehr Marktanteile von ROKAL abnahm, sank der Stern von ROKAL.
Die Wirtschaftskrise von 1967 tat ihr Übriges. ROKAL war zu jener Zeit
in vielen Bereichen im Hintertreffen, ob nun bei Detaillierung und Vorbildtreue, Endkundenpreisen oder Marktdurchdringung.
Dazu kamen noch hausgemachte Fehler in der Modellpolitik.
Einer der Fehler war, dass die ROKAL- Modelle wie die Ae 6/6 zumindest in der Höhe und Breite nicht dem TT- Massstab 1:120 entsprachen, denn der ROKAL- Standardmotor war schlicht zu gross, so dass die Lok darum herum konstruiert werden musste.
Oder dass bei vielen Modellen die Pufferbohlen in den Kurven ausschwenkten oder an der Seitenwand Befestigungsschrauben sichtbar waren - solche und andere augenfällige Kompromisse wurden in den ausgehenden 1960er Jahren, als es bei H0 bereits in Richtung Superdetaillierung ging, zunehmend weniger akzeptiert.
Hinzu kamen höhere Verkaufspreise aufgrund der im Vergleich zu den H0- Platzhirschen kleineren Stückzahlen.
Die TT- Produktion war ein kleiner Nebenzweig des traditionsreichen Armaturen- und Vergaserfabrikanten ROKAL.
Als kurz nach dem Tod des Firmengründers das Kerngeschäft der Vergaser- und Armaturenproduktion Ende der 1960er Jahre in wirtschaftliche Probleme geriet, wurde das Werk an einen französischen Hersteller verkauft und die Modellbahn- Produktion eingestellt.
RÖWA versuchte in der Folge unter der Ägide des genialen und 2011 verstorbenen Konstrukteurs Willy Ade die Spurweite TT wieder zu etablieren und begann neue, zeitgemässe Modelle zu entwickeln.
Der aufstrebende schwäbische Modellbahn- Hersteller RÖWA aus Unterensingen am Neckar kaufte alle Formen, wobei der Kauf mittels einer Kapitalbeteiligung an RÖWA bewerkstelligt wurde.
Ein zweiachsiger Containertragwagen schaffte es seinerzeit sogar bis zur Serienproduktion.
Ebenfalls entwickelt wurden Dieselloks der damals weit verbreiteten Baureihen V100 und V160, welche es aber beide nicht mehr bis zur Serienreife schafften.
Denn als ROKAL Anfang der 1970er Jahre in Konkurs ging, kam es bedingt durch die Kapitalverflechtung zum Anschlusskonkurs bei RÖWA.
Die Formen aus der Konkursmasse von RÖWA wanderten zu Roco, wo sie anscheinend sehr schnell in der Schrottpresse landeten.
Da es keinen Zweithersteller gab, stand TT im Westen Deutschlands vor dem Aus.
Allerdings landete nicht alles im Schrott.
Und damit sind auch die damals kursierenden und bis heute immer wieder ausgegrabenen Verschwörungstheorien widerlegt, dass in einer konzertierten Aktion die Formen von einer "H0- Verschwörergruppe" vernichtet wurden, damit TT ein für alle Mal erledigt ist.
(Bild rechts) RÖWA TT-Neuheitenblatt von 1972 - die Ankündigungen liessen damals die Hoffnung aufkommen, dass RÖWA nach
der Übernahme des zugegebenermassen etwas angestaubten ROKAL-Programmes zeitgemässe Modelle auf den Markt bringt.
Bei Lichte betrachtet war eben vieles aus dem ROKAL- Programm Anfang der 1970er Jahre nicht mehr auf der Höhe der Zeit und wenn überhaupt nur noch bedingt konkurrenzfähig.
Der bereits von RÖWA unter der Ägide von Willy Ade fertig gestellte und im Handel in mehreren Varianten erschienene TT- Containertragwagen war, wie auch andere RÖWA- (H0)-Modelle, seiner Zeit deutlich voraus.
Der Containertragwagen hat die Jahre und Jahrzehnte überdauert und erschien leicht modifiziert wieder bei Roco's TT- Einstieg 1998 und ist noch heute im Roco- Programm.
Womit bewiesen ist, dass man bei Roco nicht leichtfertig Formen wegschmeisst.
Der Aufstieg von Roco in H0 ist übrigens zu einem guten Teil der Konkursmasse von RÖWA geschuldet, aber das ist eine andere Geschichte.
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